Gedankenorte

Nach dem morgendlichen Gang

über die  Psalmenbrücke

drehe ich mich nicht mehr

um die eigene Achse

Ich atme die alten Heilworte

in meine Tagängste

und bin guter Hoffnung

 

Wilhelm Bruners

 

 

Josua1,9

Ich habe es dir gesagt! Sei stark und sei mutig! Lass dir keine Angst einjagen, lass dich nicht scheuchen und einschüchtern, denn Jahwe, dein Gott, steht dir bei, wo du auch bist."

 

Große Worte für die Menschen die vor dem Jordan stehen, nach ihrer Wüstenwanderung und am anderen Ende des Ufers das "gelobte Land" liegt.

Die Einen wollen zurück zu den "Fleischtöpfen Ägyptens", die Anderen beweinen ihr Schicksal.

Ich hänge auch noch an meinen Fleischtöpfen, ich hatte so viel.......die Wüstenwanderung war lang und nachhaltig, Entbehrung, Tod, Trauer, Selbstaufgabe, tiefer Schmerz, der immernoch genausotief sitzt in meiner Seele. Wenn ich Menschen begegne, die über ihr Leben und mein Leben einfach so "hinweggehen", schmerzt es noch mehr.

 

Es waren einmal zwei Wüstenmönche, ein junger und ein alter, die wanderten seit Jahren gemeinsam durch das felsige und trockene Wüstengebiet im heutigen Syrien. Eines Tages trafen sie auf eine Frau, die hilflos vor einem sog. Wadi stand, also einem Flussbett, das normalerweise vollkommen ausgetrocknet ist, das aber bei Regen sehr schnell zu einem reißenden Strom werden kann. Die Frau traute sich nicht, allein durch den Fluss zu gehen und bat die beiden Mönchen, ihr zu helfen und sie hinüber zu tragen. Der junge Mönch begann daraufhin mit einer sehr höflichen und sehr ausholenden Entschuldigung, warum es ihnen als heiligen Männern unmöglich sei, eine Frau zu berühren, dass sie zwar außerordentlich gern behilflich wären, da doch auch unser Herr Jesus Christus die Hilfe für den Nächsten als einen herausragenden Dienst des Glaubens angesehen habe, dass sie aber leider durch ihr Gelübde gebunden seien in Herz und Gewissen, niemals eine Frau zu berühren, und dass sie daher keinesfalls Hand an sie legen und sie hinübertragen könnten, denn der Bruch des Gelübdes sei eine schwere Sünde und sie selbst könne doch nicht wollen, dass die beiden Mönche zu dieser Sünde gezwungen werden usw. usf. Aber noch während der junge Mönch so vor sich hin sprach und sich selbst rechtfertigte, packte der Alte die Frau, setzte sie auf seine Schultern und trug sie hinüber zum anderen Ufer.

Der Junge war stocksauer, nicht nur weil der Alte sich offenbar nicht um das Gelübde scherte, sondern weil er ihn außerordentlich dumm dastehen ließ. Er, der Jüngere und Kräftigere, quasselt vor sich hin, aber der Alte packt zu und hilft. Nachdem die Frau sich wortreich bedankt hatte und ihres Weges gezogen war, gingen auch die beiden Mönche weiter. Aber der Junge sprach kein Wort mit dem Alten, stundenlang nicht. So gingen die beiden den ganzen Tag, schweigend, grummelnd, stumm. Abends machten sie sich wie immer ein kleines Feuer, erwärmten sich und das bisschen Essen, das sie erbettelt hatten, aßen sie schweigend. Noch immer war kein Wort zwischen ihnen gefallen. Aber gerade als der junge Mönch sich kommentarlos wegdrehen wollte, um zu schlafen, sagte der Alte: "Trägst Du sie immer noch?"

 

Ich habe dieses Ventil nicht, dass ich bei Bedarf öffnen kann, wenn die Enttäuschungen und Verletzungen wieder an die Oberfläche kommen und sich durch mein Leben fräsen. Auswirkung haben in meiner Familie und meinem Umgang mit anderen Menschen.

Ich "trage sie immer noch" und kann sie nicht einfach wegstecken.

Dabei habe ich hier am Ufer des Jordans die freie Sicht auf die andere Seite des Flußes. Er ist manchmal reißend und schön gewaltig, und dann wieder still und tief.

Die Freiheitssehnsucht macht sich breit in mir, sie ist unbesiegbar, ich muß nur "über den Jordan" gehen, loslassen und auf das Mitgehen von Dir vertrauen. Sonst steh ich noch in hundert Jahren am Jordan! Und vielleicht pack ich ja auch noch jemand auf die Schultern und schlepp ihn mit.

 

Lieber Gott, sage dem Engel an der Pforte des Alten,
er möge mich gehen lassen
und mich ermutigen, auch wenn ich zögere.

Und, lieber Gott,
sage dem Engel an der Pforte des Neuen,
er möge auf mich warten
und nicht weggehen,
auch wenn ich etwas länger brauche.

Und, lieber Gott, sage dem Engel des Überganges,
er möge mich segnen, wenn ich losgehe,
er möge mich halten, wenn ich stehen bleibe,
er möge mich trösten, wenn ich stolpere
und mich begrüßen, wenn ich ankomme.
Dass ich lache, wenn ich da bin.

Nachtruhe

 

 

die Nächte durchziehen Lebendigkeit

außerhalb meines Zimmers

Melodien die wechseln, durch die Beweglichkeit der Kühe

das Hin und Her im Rythmus der Glocken

mal nah, mal fern

Schweine, die keine Ruhe finden

in die Freiheit wollen

und den Elektrozaun als ihre Begrenzung spüren

der Stier schnauft im Stall

tief und durchdringend

mit einer Melancholie und Träumen

der Wind der durch die Alpgebäude zieht

an den Fenstern rüttelt und sein Dasein kund tut

seltsam diese Nacht-Ruhe

die am Tag kein Ende findet

sich durchdringt mit allem was wir tun

manchmal nebensächlich

wir hören sie nicht

wir sind beschäftigt mit lautem, regen Leben und mit uns

gibt es Ruhe ?

die nichts hört?

 

 

RR 08.09

Vertrauen

 

Es ist gegangen

Vom Schmerz erschlagen

Kein Anderer holt es wieder

Als müßten sie büßen

Für die Macht eines Menschen

Es kommt nie mehr zurück

Setzt sich nie mehr neben mich

Um mich zu wärmen

Es ist gegangen

Und hat den Schlüssel mitgenommen

 

RR01.08

Schmerz

 

Er trifft uns überall

Verwandelt uns

Bricht

Was vorher war

Wie Eingemacht

Ohne Verfallsdatum

 

 

                                   RR 02.10

Trotz

 

Ich will,

 trotzig sein,gegen die Welt,

beharren auf meinen Widerstand,

weil ich einen Edelstein gefunden habe,

den ich nicht aus meiner Hand gebe,

weil er kostbarer ist

als alles was ich je kannte.

Das will ich genießen

auskosten und bewahren.

 

 

 

                                   RR 06.10

Es ist Zeit

 

Wenn es zu laut ist in meinen Räumen,

unwillkürliches Platz genommen hat

und mir die Luft zum Atmen nimmt,

das Leben an mir zerrt,

ist es Zeit meine Fenster und Tore zu schließen,

das nichts hineinkommt was mich nach Außen drängt

Dann,wenn es ruhig wird,

schlägt mein Herz in meinem Rythmus.

Ich atme auf und finde Frieden.

 

RR 08.10

Das nicht liebende Herz aber stellt die Selbstgerechtigkeit über die Gerechtigkeit, die Selbstzufriedenheit über den Frieden; es stellt das eigene Recht über die Versöhnung.

Martin Schleske

Ich bin es, der euch trägt und schleppt und rettet! Jesaja 46,4

Das Regenwasser verläuft sich nicht so schnell, wie mein Volk meiner vergisst.
Jeremia 18,14-15

Sie verwandelten die Herrlichkeit ihres Gottes in das Bild eines Ochsen, der Gras frisst.

Psalm 106,20